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26.03.21 –
Dazu sagt der europapolitische Sprecher der Landtagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen, Bernd Voß:
Europa wächst durch Demokratie und Beteiligung
Sehr geehrte Damen und Herren,
vielen Dank an die Landesregierung und die Mitarbeiter*innen des Ministeriums für diesen hervorragenden Europabericht. Wir können die vielfältigen Punkte in dieser Debatte hier heute nicht erörtern und ich bitte darum, ihn zur weiteren Beratung in die Ausschüsse, federführend den Europaausschuss, zur Beratung zu überweisen.
Mit Sicherheit wird dabei auch über die zukünftige Entwicklung der Repräsentanz von Landtag und Landesregierung auf europäischer Ebene in der Zusammenarbeit mit unserem Nachbar*innen Hamburg ein Thema sein.
Wir sollten durch eine regionale Beteiligung von uns und vielen Bürger*innen die „Konferenz zur Zukunft Europas“ mitgestalten. Den Europäischen Green Deal zeitnah umzusetzen, das geht nur mit Demokratie und gestärkter Beteiligung. Aber wir müssen auch deutlich aufzeigen, wie den großen Herausforderungen wie Klimaschutz, Digitalisierung, Migrationspolitik und aktuell auch der Gesundheitspolitik europäisch begegnet werden kann und muss.
Dabei wird es weniger darum gehen, die europäischen Verträge kurzfristig zu erneuern und weiterzuentwickeln. Sondern darum, wie im Rahmen der jetzigen starken Gemeinschaft im Zuge der geltenden Subsidiarität die gemeinsamen Herausforderungen konsequent dahin geordnet werden können, wo sie am besten gelöst werden.
Nehmen wir das Beispiel der Gesundheitspolitik. Da ist der gemeinsame Antrag der demokratischen Parteien, den wir heute beschließen werden, eine gute Vorlage. Medizinische Versorgung, Krankenhäuser, Pflege und ihre Angebote sowie Qualität sollten nahe bei den Bürger*innen entschieden und geregelt werden. Das kann nicht anders sein.
Im vergangenen Jahr haben sich aber Herausforderungen gezeigt, die in einem europäischen Rahmen gelöst werden sollten: Das ist einmal die grenzüberschreitende Zusammenarbeit in Zeiten der Pandemie. Grenzregionen sind, wie bei uns das deutsch-dänische Grenzland, gemeinsame Wirtschafts- und Kulturräume. Da bedarf es einer EU-weiten Sicherung der laufenden, grenzüberschreitenden Zusammenarbeit, damit das Jahrzehnte lange Zusammenwachsen Europas nicht ins Stocken kommt.
Es bedarf aber auch einer Sicherung der Versorgungsketten und Produktionsstätten für Pflegematerial, medizinischen Geräten und Medikamenten sowie einer abgestimmten Forschung innerhalb der EU.
Ein anderes Thema ist die Verwendung der Mittel des Resilienz- und Wiederaufbaufonds in Deutschland und den Bundesländern. Im vergangenen Jahr wurde über die ca 1,1 Billionen Euro der mittelfristigen Finanzplanung der EU hinaus ein 750 Milliarden Euro Paket „Next Generation“ für den Wiederaufbau der von der Corona-Pandemie besonders betroffenen Ländern, beschlossen.
Über „React EU“, einen Teil des „Next Generation“-Fonds, flossen bereits 2,4 Milliarden Euro für die laufende, alte EU-Haushaltsperiode nach Deutschland. Davon auch die Anteile für Maßnahmen in Schleswig-Holstein. Im Rahmen des Resilienz- und Wiederaufbaufonds und des „Just Transition“-Fonds (JTF) wird es für die kommenden Jahre ca. 25 Milliarden Euro für Deutschland geben.
Sowohl die regionalen Ebene wie auch die Organisationen der Zivilgesellschaft sind bei Erstellung des nationalen Planes für die Verwendung der Mittel zu beteiligen. Diese Pläne sind bis Ende April bei der EU abzugeben. Natürlich müssen dabei die Ziele des Green Deal, der Digitalisierung und auch die Länderempfehlungen zum europäischen Semester umgesetzt werden.
Die Mittel werden wirksam für die Finanzierung zusätzlicher Projekte auch bei uns im Land benötigt. Sie dürfen nicht für ohnehin schon vorher beim Bund beschlossene Projekte wie die Finanzierung des Kohlekompromisses verwendet werden. Die Beteiligung der Länder an der Planung der Mittelverwendung ist obligatorisch. Projekte gibt es genügend im Land, nicht zuletzt in der Tourismuswirtschaft und bei der Energiewende.
Grundsätzlich ist das Instrument der Europäischen Bürgerinitiative, eine Million Unterschriften aus sieben Ländern, eine gute Grundlage, um eine Bürger*innenbeteiligung in der EU, der Gemeinschaft von ca. 450 Millionen Bürger*innen in 27 Ländern, zu bewegen: 70 Initiativen haben sich in den letzten zehn Jahren bereits auf den Weg gemacht. Besonders hervorzuheben ist die Initiative für Wasser als öffentliches Gut. Sie haben viele Bürger*innen in Kommunen und Regionen in Europa bewegt.
Danke an die Fraktionen, danke an die Landesregierung, dass sie auch die „Minority SafePack“-Initiative immer mit durchgetragen haben. Über 50 Millionen Bürger*innen sind in Europa von besseren Regelungen für Minderheiten betroffen.
Grade die Minderheiten sind es, die in vielen Regionen Europas dazu beitragen, dass alte Grenzen überwunden wurden und weiter werden. Und dass Grenzräume zu starken neuen Zentren zusammenwachsen können. Es ist einfach unverständlich, dass hier blockiert und nicht mehr umgesetzt wird. Das mag den Vorbehalten nationaler Regierungen gegenüber den eigenen nationalen Minderheiten geschuldet sein. Wir sollten daher nicht allein die Kommission schelten, sondern auch den Blick auf den Europäischen Rat lenken. Dort könnten die Blockierer*innen sitzen.
Aber auch Respekt für den Mut und die Ausdauer der jahrelangen Arbeit der Initiator*innen der Initiative. Gestern wurde von ihnen wieder eine Klage beim europäischen Gerichtshof eingereicht. Sie haben zweimal vor dem europäischen Gerichtshof gewonnen und die Unterstützung des Europäischen Parlaments und vieler nationaler und regionaler Parlamente und Regierungen erfahren. Das ist ein Hoffnungsschimmer. Minderheitenpolitik ist ein Baustein einer guten Friedenspolitik.
Kategorie
Europa | Landtag | Minderheitenpolitik | Rede
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