Landwirtschaft und Ländlicher Raum

Seit meinem Studium zum Diplom-Ingenieur (Landbau), das ich 1976 abgeschlossen habe, führe ich als selbstständiger Landwirt meinen Milchviehbetrieb in Nortorf bei Wilster.Von 1999-2014 war ich Mitglied im Bundesvorstand der AbL (Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft) und seit 2004 Mitglied im Bundesvorstand des Agrarbündnis e.V. In diesen Funktionen konnte und kann ich maßgeblich an der gemeinsamen Positionierung der fortschrittlichen Verbände aus Umwelt, Agrar, Verbraucher, Gewerkschaften und Entwicklung zur Zukunft der europäischen Agrarpolitik, der Entwicklungs- und der Verbraucherpolitik mitwirken. Meine aktuellsten Beiträge zu den beiden Themen findet ihr hier, alles andere ist nach Jahrgängen geordnet dahinter.

Zum Verzehr geeignete Lebensmittel sollten erst gar nicht im Abfallcontainer landen

Es gilt das gesprochene Wort!

TOP 36 – Lebensmittelverschwendung wirksam entgegentreten (
(21. Juni 2019)

Dazu sagt der landwirtschaftspolitische Sprecher der Landtagsfraktion von
Bündnis 90/Die Grünen, Bernd Voß:

Sehr geehrte Damen und Herren,

rund 11 Millionen Tonnen Lebensmittelabfälle gibt es in Deutschland im
Jahr. Ziel ist es, dies bis 2030 zu halbieren. Dies wäre ein nicht
unerheblicher Beitrag auch zum Klimaschutz.

Und es bleibt ein Skandal, dass die Niedrigstpreise von Lebensmitteln ein
Grund sind, warum sie in dem Umfang weg geworfen werden. Diese Preise sind
unter anderem nur durch prekäre Erzeugungsbedingungen entlang der
Lebensmittelkette möglich, auf Kosten von Mensch und Umwelt. Wir haben
genau vor einem Jahr schon einmal über das Thema debattiert. Da haben wir
die Bundesregierung kritisiert, weil sie noch kein Programm zur Vermeidung
von Lebensmittelabfällen vorgelegt hatte. Inzwischen ist das passiert. Die
Nationale Strategie zur Reduzierung der Lebensmittelverschwendung wurde im
Februar 2019 verabschiedet. Sie setzt auf Freiwilligkeit und sollte vor
Ablauf von fünf Jahren evaluiert werden.

Dort ist nachzulesen, dass eine Halbierung der Abfälle eine Einsparung von
sechs Millionen Tonnen CO2-Äquivalenten bedeuten würde. Bezieht man die
Emissionen aller am Ernährungssektor beteiligten Wirtschaftsbereiche und
auch im Ausland entstehende Emissionen mit ein, wären es sogar 38
Millionen Tonnen. Das Problem ist also alles andere als trivial.

Den Akteur*innen der Zivilgesellschaft ist es zu verdanken, dass das Thema
in den letzten Jahren mehr und mehr in das öffentliche Bewusstsein gerückt
ist. Dazu gehören Tafelprojekte und Foodsharing-Initiativen, dazu gehören
die Landfrauen, die Verbraucherzentralen, dazu gehören auch diejenigen,
die beim so genannten „Containern“ Lebensmittel vor der Vernichtung
retten.

Solche Initiativen erhöhen den Druck auf die Politik, Maßnahmen zu
ergreifen. Sie wirken sich laut Umfragen der Gesellschaft für
Konsumforschung bereits auf das Einkaufsverhalten aus. Ihnen gebührt daher
Anerkennung und Unterstützung.

Eine Strafbewehrung der letztgenannten Form der Lebensmittelrettung
erscheint mir überzogen. Dies sollte dringend überprüft werden, wie es
unser Antrag vorsieht. Die derzeitige rechtliche Situation lässt sich zwar
erklären, es müssen in diesem Zielkonflikt aber Wege aus der rechtlichen
Unsicherheit und auch aus der Kriminalisierung gefunden werden. Allerdings
ist nicht von der Hand zu weisen, dass es hier zu Konflikten mit der
Lebensmittelsicherheit kommen kann.

Besser wäre es, wenn zum Verzehr geeignete Lebensmittel gar nicht erst im
Abfallcontainer landen. Besser wäre es, ein Abgabesystem, wie es in
Ansätzen ja schon besteht, weiterzuentwickeln, damit diese Lebensmittel
entsprechend sortiert an Dritte, an Tafeln und andere Initiativen oder
direkt an Bedürftige abgegeben werden können. Nur so können wir
ausschließen, dass hygienisch nicht einwandfreie Lebensmittel an
Endverbraucher*innen gelangen und möglicherweise deren Gesundheit
gefährden.

Dabei lohnt meiner Ansicht nach ein Blick nach Frankreich. Dort ist der
Handel per Gesetz zur Abgabe noch genießbarer, lebensmittelhygienisch
einwandfreier Lebensmittel verpflichtend. Mit Beschluss der letzten
Verbraucherschutzministerkonferenz von vor vier Wochen wird der Bund
gebeten, eine solche gesetzliche Regelung auch für Deutschland zu prüfen.

Der Vorteil gegenüber einer rein auf Freiwilligkeit beruhenden Maßnahme
läge darin, Wettbewerbsgleichheit zu schaffen. Ein Hemmnis freiwilliger
Vereinbarungen könnte der wirtschaftliche Nachteil sein, der in einem
umkämpften Markt denjenigen entsteht, die in der Sache vorangehen. Das
wäre kontraproduktiv. Ich nehme an, dies ist auch der Grund, weshalb sich
8 der 16 Länder auf besagter Fachministerkonferenz in einer
Protokollerklärung nicht für einen Prüfauftrag, sondern direkt für die
Umsetzung ausgesprochen haben. Mir erscheint das vernünftig.

Weder ist Strafrecht Sache der Länder, noch könnten die Länder den Handel
zu einer Abgabe verpflichten. Ebenso wenig gibt es Regelungen zum
Mindesthaltbarkeitsdatum auf Länderebene. Die Tonlage des SPD-Antrages ist
daher etwas irritierend. Möglicherweise erklärt sich diese aus der
Frustration der SPD mit der Politik der Bundesregierung. In der Hinsicht
haben die Kolleg*innen der SPD mein vollstes Verständnis.

Vielen Dank für die Aufmerksamkeit



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