Landwirtschaft und Ländlicher Raum

Seit meinem Studium zum Diplom-Ingenieur (Landbau), das ich 1976 abgeschlossen habe, führe ich als selbstständiger Landwirt meinen Milchviehbetrieb in Nortorf bei Wilster.Von 1999-2014 war ich Mitglied im Bundesvorstand der AbL (Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft) und seit 2004 Mitglied im Bundesvorstand des Agrarbündnis e.V. In diesen Funktionen konnte und kann ich maßgeblich an der gemeinsamen Positionierung der fortschrittlichen Verbände aus Umwelt, Agrar, Verbraucher, Gewerkschaften und Entwicklung zur Zukunft der europäischen Agrarpolitik, der Entwicklungs- und der Verbraucherpolitik mitwirken. Meine aktuellsten Beiträge zu den beiden Themen findet ihr hier, alles andere ist nach Jahrgängen geordnet dahinter.

Schaf- und Ziegenhaltung in Schleswig-Holstein braucht eine Perspektive

Situation der Schaf- und Ziegenhalter*innen in Schleswig-Holstein

10. September 2018 Kein Kommentar

Presseinformation Nr. 326.18 / 07.09.2018


Rede wurde zu Protokoll gegeben!

TOP 35 – Situation der Schaf- und Ziegenhalter*innen in Schleswig-Holstein

Dazu sagt der agrarpolitische Sprecher der Landtagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen, Bernd Voß:

Schaf- und Ziegenhaltung in Schleswig-Holstein braucht eine Perspektive

Vielen Dank an die Landesregierung für den ausführlichen Bericht. Die Schafe auf dem Deich sind viel mehr als ein romantisches Postkartenmotiv für Schleswig-Holstein. Klima- und Küstenschutz, Biodiversitäts-, Landschafts- und Grünlandpflege- sind ohne die Schäfer*innen in unserem Land nicht zu denken.

Sowohl in diesem Bericht, als auch in anderen Kalkulationen, liegt der durchschnittlich errechnete Stundenlohn für Schäfer*innen mit etwa sieben Euro deutlich unter dem angestrebten Mindestlohn. Es ist natürlich immer schwierig, bei Selbstständigen den Stundenlohn zu ermitteln und damit zu argumentieren. Die Zahlen liegen aber auf der Hand. Die Zahl der Betriebe hat abgenommen. Eine Schäferei, die aufhört, geht nicht in den Standby-Betrieb, sondern ist weg. Junge Schäfer*innen brauchen eine solide wirtschaftliche Perspektive. Nur so sichern wir uns ein ganzes Paket an unverzichtbaren Zusatzleistungen für die Gesellschaft.

Es geht dabei nicht um die „alltäglichen“ Herausforderungen, wie Witterung, Dürre, Gänse oder Wolf, die die Schäfer*innen nebenbei noch meistern müssen. Nein, es geht um die Perspektive, langfristig von diesem Betriebszweig oder Beruf leben zu können. Und dafür sind mehrere Dinge entscheidend: Erstens der Marktpreis für Lammfleisch und zweitens der Mehrwert durch die Weidehaltung und Landschaftspflege.

Der Marktpreis ist ein schwieriges Thema. Obwohl wir beim Lammfleisch in Deutschland gerade einen Selbstversorgungsgrad von 46 Prozent haben, leiden die Erzeuger*innenpreise unter der hohen Konzentration der nachfolgenden Marktakteur*innen und den Druck kostengünstiger Importe. Zusätzlich machen den Schäfer*innen natürlich auch steigende Pachtpreise und infolge der Dürre im laufenden und folgenden Jahr teilweise hohe Zukaufpreise für Raufutterzu schaffen.

Die berechtigte Frage ist: Stimmt der Rahmen, um die gesellschaftlichen und ökologischen Leistungen honorieren zu können?

In dem vorliegenden Bericht wird von günstigen Pachtbedingungen für die Beweidung von Landesdeichen, den Direktzahlungen und von Prämienmöglichkeiten im Vertragsnaturschutz gesprochen. Diese Maßnahmen nützen nur einem Teil der Betroffenen. Neben den Landesdeichen gibt es viele Binnendeiche, die mit Schafen bewirtschaftet und über Ausschreibung zu marktüblichen Konditionen vergeben werden. Deren Schäfer*innen können dann eben nicht von den Privilegien profitieren.

Wir sollten an dieser Stelle auch nochmal einen Abgleich mit den Konditionen an den Deichen in anderen Bundesländern machen. Bei den Direktzahlungen ist das Bild sehr differenziert: Wenn die Schafhaltung auf einer extensiv bewirtschafteten, kostengünstigen Fläche mit Erhalt von Direktzahlungen betrieben wird, ist die Situation vergleichsweise gut. Viele Schafhalter*innen nutzen aber ganz oder teilweise die Flächen von Betrieben in Mitnutzung als Futtergrundlage, ohne Anspruch auf Direktzahlungen.

Dann wird die Prämiensuppe dünner. Wanderschafhalter*innen haben häufig gar keinen Anspruch auf Direktzahlungen. Es überrascht, dass trotz der extensiven Haltungsform und positiven Umweltwirkung nur 19 Prozent der Schafhalter*innen an den Vertragsnaturschutzprogrammen beteiligt sind. Wir sollten uns die Angebote aus den Agrarumweltprogrammen nochmal genauer anschauen.

Auslöser dieses Berichtsantrages war eine bundesweite Petition der Berufsschäfer*innen für eine Tierprämie für Schafe und Ziegen. Ich begrüße den Vorschlag der Schäfer*innen, dass durch eine Tierprämie aus der ersten Säule der Direktzahlungen die Existenz der Betriebe abgesichert werden könnte. Die Mittel kämen aus der ersten Säule, aus der auch die Flächenprämien kommen und wäre zu 100 Prozent EU-finanziert. Sie wären konditioniert und würden keine Anreize für zusätzliche Erzeugung geben.

Zur Bewertung: Die EU-Agrarreform hat bereits in der jetzt laufenden Förderperiode eine Reihe von nationalen Gestaltungsmöglichkeiten in die Hände der Mitgliedsstaaten gelegt. Dazu gehört auch, bis zu 15 Prozent der Direktzahlungen, das sind ansonsten die Flächenprämien, an Erzeugungen zu koppeln, die positive Umweltauswirkung und regionalwirtschaftliche Bedeutung haben und wegzubrechen drohen.

Alle 27 EU-Mitgliedsländer haben diese Option unter anderem für Schafe, Beweidung oder Eiweißpflanzen in unterschiedlichem Umfang umgesetzt. Einzig die Bundesregierung hat diese Möglichkeit für eine ökologische und regionalwirtschaftliche Qualifizierung der EU-Zahlungen bisher nicht wahrgenommen.

Auch wenn die jetzige Förderperiode in zwei Jahren ausläuft, ist es angemessen, diese Option zügig erneut zu prüfen. Es ist an der Zeit, das öffentliche Mittel wirksam für öffentliche Leistungen ausgeben werden. Dazu könnte auch eine konditionierte Schafprämie gehören.

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