Energie und Klima

Mein politisches Engagement begann 1973 in der Bürgerinitiative gegen das Kernkraftwerk Brokdorf. Heute bin ich in der Landtagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen in Kiel unter anderem als klimaschutzpolitischer Sprecher aktiv. Für mich ist ein entscheidender Schlüssel auf dem Weg aus der Krise der konsequente Ausbau der erneuerbaren Energien. Schleswig-Holstein kann zudem von den Folgetechnologien des Ausbaus langfristig wirtschaftlich profitieren. Bei der Entwicklung von Technologien für Speicherung, Transport und Anwendung kommt der Entwicklung der Wasserstofftechnologie hier im Land eine besondere Rolle zu. In diesem Teil meiner Homepage findet Ihr alle aktuellen Beiträge und nach Jahrgängen aufgeschlüsselt alte Stellungnahmen und Reden zu Energie und Klimaschutz.

Deiche und Erneuerbare Energien gehören zu unserem Land

Presseinformation Nr. 054.19 / 13.02.2019 Es gilt das gesprochene Wort! TOP 1A – Regierungserklärung zu den Küstenschutzmaßnahmen des Landes und einer Strategie für die Ostküste Dazu sagt der küstenschutzpolitische Sprecher der Landtagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen, Bernd Voß (13. Februar 2019):

Sehr geehrte Damen und Herren,

der Weltklimarat hat im Oktober letzten Jahres im Vorfeld des Weltklimagipfels einen Sonderbericht herausgegeben, in dem er darstellt, wie unsere Welt bei einer globalen Erwärmung um 1,5°C aussehen könnte. Selbst bei dieser relativ geringen Erwärmung wird mit einem Anstieg des Meeresspiegels um 26 bis 77 cm bis zum Ende des Jahrhunderts gerechnet und einem weiteren Anstieg darüber hinaus.

Ich zitiere aus dem Bericht: „Die Instabilität mariner Eisschilde in der Antarktis und/oder irreversible Verluste des Grönland‐Eisschildes könnten einen Anstieg des Meeresspiegels um mehrere Meter über einen Zeitraum von hunderten bis tausenden von Jahren zur Folge haben. Die mit dem Meeresspiegelanstieg verbundenen Risiken sind bei 2°C höher als bei 1,5°C. Die geringere Geschwindigkeit des Meeresspiegelanstiegs bei 1,5°C globaler Erwärmung senkt diese Risiken, wodurch größere Anpassungschancen eröffnet werden, darunter das Management und die Renaturierung natürlicher Küstenökosysteme und eine Stärkung der Infrastruktur.“

Aber ob wir das 1,5°C-Ziel überhaupt einhalten werden, ist fraglich, auch nach Katowice. Eine Verstärkung der Anstrengungen zur Vermeidung des Klimawandels ist dringend geboten. Wer meint, konkrete Maßnahmen gegen den Klimawandel, wie den Umbau der Energiesysteme oder die Verkehrswende, mit wirtschaftlichen Argumenten ablehnen zu müssen, der führe sich vor Augen, welche gigantischen Kosten durch Schäden eines ungebremsten Klimawandels auf uns und vor allem auch kommende Generationen zukommen. Dieses Denken ist nicht nur falsch, es ist auch nicht nachhaltig.

Jeder Euro, den wir heute für Klimaschutz ausgeben, macht sich vielfach bezahlt, wenn dadurch zukünftige Schäden vermieden werden können. Darum brauchen wir einen zügigen Ausstieg aus der Kohle, eine wirksame CO2-Bepreisung und ambitioniertere Klimaziele auch in der EU. Wir müssen es nicht nur leisten, immer höhere Deiche für unsere Sicherheit zu bauen, sondern müssen mit unseren politischen Instrumenten die Energiewende und den Klimaschutz schnell voran bringen.

Wir spüren die Auswirkungen des Klimawandels bereits jetzt. Wir zahlen bereits jetzt für Versäumnisse der Vergangenheit. Alle paar Jahre ein Jahrhunderthochwasser, eine Sturmflut oder schwere Sturmereignisse mit Schäden in Millionenhöhe. Das ist der Preis, den wir heute schon zahlen, weil wir an anderer Stelle über unsere Verhältnisse leben, zu viel Kohlendioxyd und andere Klimagase in die Luft jagen.

Wir wissen aber: Das ist erst der Anfang dieser Entwicklung. In Schleswig-Holstein sind wir in besonderer Weise vom Anstieg der Meeresspiegel betroffen. Seine Heimat entwickeln und das Land, in dem man lebt, gegen Wasser zu sichern, ist in Schleswig-Holstein nicht neu.

Vielleicht eine Geschichte zu den Anfängen: Ich komme aus den Elbmarschen. Die ersten überlieferten Berichte aus dieser Region stammen aus der Zeit um 50 n. Chr. Plinius der Ältere war mit dem späteren römischen Kaiser Vespasian jenseits der Elbe – sagen wir auf Dienstreise – und er berichtete von den bedauernswerten Menschen diesseits der Elbe, also im heutigen Schleswig-Holstein, die sich zwei Mal am Tag auf Erdhaufen und Bäumen vor dem Wasser in Sicherheit bringen mussten. Seine Konsequenz: Als Sklaven im römischen Reich würde es denen doch erheblich besser gehen.

Ein Viertel der Landesfläche ist auf den Schutz durch Deiche angewiesen, sonst würde er bei schweren Sturmfluten unter Wasser stehen. Das Land Schleswig-Holstein wäre ohne diesen Schutz nicht lebensfähig. In den Gebieten leben 354.000 Menschen, und es sind Sachwerte in Höhe von 50 Milliarden Euro vorhanden. Man könnte auch bezweifeln, ob diese Zahl ausreichend bemessen ist. In diesen Gebieten befindet sich auch sensible Infrastruktur und Zwischenlager für Atommüll. Diese Gebiete und vor allem Leib und Leben der Menschen zu schützen, ist eine vordringliche öffentliche Aufgabe.

Wir wären als Land schon heute überfordert, müssten wir diese Aufgabe allein stemmen. Das ist aber nicht so. Bei Investitionen im Küstenschutz werden wir in erheblichem Umfang durch EU-Mittel und durch den Bund über die Gemeinschaftsaufgabe Agrarstruktur und Küstenschutz unterstützt. Und einen Teil der Verantwortung tragen auch die Verbände und Kommunen, die für die überwiegende Anzahl der Regionaldeiche im Land zuständig sind.

Insbesondere auch die zweiten Deichlinien werden im Zuge der Entwicklung und alternder Sperrwerke in den Sicherheitskonzepten Beachtung finden müssen. Wir sehen aber im aktuellen Infrastrukturbericht, der auch in dieser Tagung vorliegt, dass wir bei der Umsetzung des Generalplans Küstenschutz aus dem Jahr 2012 schon etwas hinterherhinken. Von den erforderlichen Maßnahmen zur Deichverstärkung ist erst ein kleiner Teil umgesetzt. Von 93,6 km sind es 15,5 km. Gegenüber der Kostenschätzung aus 2012 ergibt sich außerdem ein erheblicher Mehrbedarf infolge von Kostensteigerungen bei Personal, Grunderwerb und anderen Preissteigerungen.

Der Bericht spricht von einer Finanzierungslücke in Höhe von 5 bis 10 Millionen Euro jährlich, die geschlossen werden muss, um die investiven Maßnahmen, die der Generalplan Küstenschutz vorsieht, bis 2030 abzuarbeiten. Hinzu kommen neue und steigende Investitionskosten und Betriebskosten infolge des Anstieges des Meeresspiegels für Pumpen statt Schleusen. Die Verbände arbeiten über Ausarbeitungen wie „Weitblick Wasser“ und „Niederung 2050“ mit an der Entwicklung der anstehenden Maßnahmen und deren Kosten, die langfristig in die Milliarden gehen. Diese Herausforderungen werden zukünftig nicht kleiner werden, sondern mit Sicherheit größer.

Wir müssen deswegen unsere Deiche sicherer machen. Dazu gehört heute schon vorbeugend nach dem Konzept Klimadeich so zu bauen, dass die Deiche bei Bedarf mit geringem Aufwand aufgestockt werden können. Wir müssen auch in Teilen eine Anpassung der Konzepte vornehmen, um mit den Folgen des Klimawandels umzugehen. Diese Konzepte sind nicht losgelöst von anderen Anforderungen zu sehen, ich meine hier vor allem den Naturschutz und den Tourismus, sondern müssen im Sinne eines integrierten Küstenmanagements zusammengedacht und zusammengeführt werden.

Für den Küstenschutz an der Nordsee wurde mit der Strategie für das Wattenmeer 2100 bereits vor ein paar Jahren dieser Weg frühzeitig beschritten. In anderen Maßnahmen wird mit der Sicherung und Erhöhung der Warften und der Halligen begonnen. Dabei steht die Sicherheit der im Küstenbereich und auf den Inseln und Halligen lebenden Menschen an oberster Stelle. Aber ohne die gleichzeitige Sicherung der ökologischen Funktionen des Naturraums Wattenmeer kann der Küstenschutz nicht funktionieren. Diese Einsicht, dass ein rein statischer Schutz gegen Naturgewalten die Risiken erhöht und letztlich zum Scheitern verurteilt ist, hat den Weg bereitet. Wir müssen den Küstenschutz dynamisch denken.

Für die Ostseeküste braucht es ebenfalls angepasste Konzepte. Eine Gegenüberstellung der Küstenschutzmaßnahmen an der Nordsee mit denen an der Ostsee, wie es diejenigen gerne tun, die behaupten, die Ostseeküste werde vernachlässigt, weil das Land an der Nordseeküste mehr Geld ausgibt, mehr Sand aufspült, mehr Buhnen baut oder was auch immer, ergibt keinen Sinn.

Wir haben uns kürzlich mit Vertreter*innen der Arbeitsgruppe Küstenschutz Ostsee getroffen. Wir haben verstanden, dass der Wunsch nach mehr Unterstützung durch das Land besteht. Aber nicht im Sinne einer Übernahme. Die Kommunen und Verbände, jedenfalls die, mit denen wir gesprochen haben, möchten nicht die Verantwortung an das Land abgeben. Nur sind einzelne Kommunen und Verbände natürlich nicht in der Lage, für die gesamte Ostseeküste mit einer Länge von 536 km oder auch nur für einzelne, längere Abschnitte zu planen. Darum soll sie das Land bei der Planung unterstützen. Und zwar im Sinne einer integrierten Planung, die auch Naturschutz und Tourismus mit berücksichtigt. Dieses Anliegen unterstützen wir. Die Ostseeküste ist eine Ausgleichsküste. Ihre natürliche Dynamik ist geprägt durch Abtrag und Erosion vorspringender Küstenabschnitte, Materialtransport und Ablagerung an anderen Stellen. Abbruch und Materialtransport entlang der Küste ist Teil der natürlichen Dynamik und trägt zur Sicherung der Nehrungsküstenabschnitte bei. Die Planung von Maßnahmen rein auf Ebene eines Verbandes oder einer Kommune kann dies nur unzureichend berücksichtigen. Es braucht Konzepte für größere Küstenabschnitte, um nicht an einer Stelle einzureißen, was an anderer Stelle aufgebaut wurde. Es kann keine Patentrezepte geben, da einzelne Küstenabschnitte sich in ihrer Dynamik und ihren räumlichen Gegebenheiten und Nutzungsansprüchen unterscheiden. Es braucht eine fundierte Planung auf wissenschaftlicher Basis. Letzteres hat das Land mit dem „Fachplan Küstenschutz Ostsee“, aus dem Jahr 2017 liegt bereits eine Planung vor. Auf ihr kann die Gesamtstrategie „Entwicklung Ostküste 2100″aufbauen. Ich denke, es ist richtig, diese Fragen auch ressortübergreifend anzugehen, wie es die Landesregierung jetzt beabsichtigt. Auch der Landesentwicklungsplan widmet sich in seinem Entwurf dem Küsten- und Hochwasserschutz. Was tunlichst nicht passieren sollte, ist allerdings, den Küstenschutz gegen die Ziele des Naturschutzes auszuspielen. Da werden nicht nur wir Grüne nicht mit im Boot sein. Längst nicht jede Sandaufschüttung ist Küstenschutz. An einigen Stellen ist dies sogar, auch wenn gut gemeint, eher schädlich. Sandaufspülungen, die absehbar kurzfristig abgetragen sein werden, sind, sofern sie aus öffentlichen Mitteln bezahlt werden, eine Vernichtung von Steuergeldern. Hier sollte fachlich fundierte Planung vor Aktionismus gehen. Öffentliche Gelder sollten wir nur in nachhaltige Maßnahmen stecken. Ganz unabhängig davon, ob es Mittel des Küstenschutzes oder der Wirtschafts- und Tourismusförderung sind. Wir haben diese Punkte bereits entlang des Berichtes des Wirtschaftsministers in der Letzten Plenumsdebatte besprochen. Das Land verändert sich. Es ist schon ein deutliches Zeichen, dass in Regionen hinter den Deichen und an unseren 1100 km Küste, die täglich das Meer sehen oder riechen können, mutige Pioniere in den letzten Jahrzehnten in erneuerbare Energien wie Wind und Sonne nicht nur investiert, sondern sie zur heutigen Effizienz mit entwickelt haben. Nur durch solche Leistungen ist die Energiewende mit all ihren wirtschaftlichen Perspektiven bei uns und weltweit erst eingeleitet worden. Deiche gehören wie erneuerbare Energien und die Energiewende unteilbar zum Land. Zu einem Küstenschutzplan gehört auch ein Energiewendeplan. Daher ist es gut, dass die „Fridays for future“-Bewegung an diese Herausforderung erinnert. Sie werden in ihrer Schaffenszeit noch massiv mit dem Klimawandel zu kämpfen haben.

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