Nur mit ökologischem Handeln und sozialer Verantwortung ist die soziale Marktwirtschaft ein Erfolgsmodell

Rede im Landtag zum Thema "Soziale Marktwirtschaft als wirtschaftspolitisches Leitbild". Dazu sagt der wirtschaftspolitische Sprecher der Landtagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen, Bernd Voß (20. Juni 2019):

Sehr geehrte Damen und Herren,

lassen Sie mich ein wenig in die Historie gehen: Die freie Marktwirtschaft galt lange Zeit hier in der Bundesrepublik als das Wirtschaftsmodell. Im Gegensatz zur Planwirtschaft in der DDR, ein Modell, das schnell an seine Grenzen kam. Die soziale Marktwirtschaft hat sich erfolgreich aus der freien Marktwirtschaft entwickelt und wurde im Staatsvertrag von 1990 zwischen der Bundesrepublik und der DDR als gemeinsame Wirtschaftsordnung anerkannt. Hier wird das Prinzip des freien Marktes mit dem Prinzip des sozialen Ausgleiches gekoppelt. Diese Ordnung wurde maßgeblich von Ludwig Erhard geprägt und ist bereits seit den 1940er Jahren als „Mittelding“ zwischen der reinen liberalen und der staatlich gelenkten Marktwirtschaft entstanden.

Ein guter Weg, keine Frage. Auch eine Volkwirtschaftskette ist nur so stark wie ihr schwächstes Glied und von daher war und ist es in unserem Verständnis unverzichtbar, die sozialen Herausforderungen auch anzunehmen. Das gilt in einem anderen Kontext auch in Europa als gemeinsamem Markt und damit vereinigtem Wirtschafts- und Sozialraum. Dieser Grundsatz gilt bei sich zunehmend globalisierenden Märkten auch weltweit. Wir dürfen eben nicht untätig vor den Märkten stehen, außerstande, sie zu gestalten oder Leitplanken zu setzen. Denn das schafft Verlierer*innen.

Die internationalen Finanzmärkte dürfen die Regeln nicht vor- und wir die Handlungsverantwortung nicht abgeben. Wir müssen immer wieder neu begreifen, dass es langfristig kein guter Weg ist, den wirtschaftlichen Erfolg allein dem Markt und damit dem Kapital zu überlassen. Ein komplett freier Wettbewerb, ohne regulierende Eingriffe zur Wahrung des sozialen Gleichgewichtes ist für einen funktionierenden Staat nicht vorstellbar. Errungenschaften wie das Kündigungsschutzgesetz sind heute so selbstverständlich, dass es völlig undenkbar erscheint, dass es so etwas einmal nicht gab. Insofern leben wir in Deutschland und hier in Schleswig-Holstein diese Wirtschaftsordnung und bekennen uns damit Tag täglich zu ihr. Und zwar mit allen vorgesehenen Folgen, die unsere Gesetzgebung in letzter Konsequenz vorsieht.

Die Uhren haben sich aber seit den 50ern tatsächlich weiter gedreht und zwar erheblich. Nicht nur soziale Aspekte bestimmen Wohl und Wehe unseres Wohlstandes, unserer Wirtschaft, sondern ganz erheblich auch ökologische Aspekte. Daher ist es ebenso wichtig, die ökologischen Herausforderungen anzugehen, die unsere Lebensgrundlage bestimmen. Besonders viele jungen Menschen haben das erkannt. Fridays for future macht es uns vor und fordert uns mit Nachdruck und zu Recht dazu auf, unsere Wirtschaftsstrukturen zu überdenken.

Wer heute ein zukunftsfähiges Wirtschaftsmodell fordert und die ökologischen Herausforderungen nicht mit einbezieht, der ist entweder ganz groß im Verdrängen oder gehört nicht in diese Zeit. Insofern gibt es das Modell einer überlebensfähigen Marktwirtschaft nur mit ökologischem Fundament und sozialem Zusammenhalt. Klimaschutz und der Ausbau der Technologie für erneuerbare Energie vernichtet keine Arbeitsplätze, sondern birgt jede Menge neue, die auch wieder verschwinden, wenn wir die Entwicklung in diesem Bereich verzögern. So hatten wir im Jahr 2000 100.000 Arbeitsplätze in Deutschland im Bereich der erneuerbaren Energien. 2011 stieg die Zahl auf 400.000 Arbeitsplätze, um sich derzeit auf 300.000 in dem Bereich dieser Zukunftstechnologien. zu verringern.

Und wer sagt, das könnten wir uns nicht leisten, irrt. Je länger wir damit warten, umso teurer wird es, die Folgen noch beherrschbar zu bekommen. Konsequenter Klimaschutz und Energiewende sind unsere einzige wirtschaftliche Perspektive. Vielen Dank für ihre Aufmerksamkeit.

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