Landwirtschaft und Ländlicher Raum

Seit meinem Studium zum Diplom-Ingenieur (Landbau), das ich 1976 abgeschlossen habe, führe ich als selbstständiger Landwirt meinen Milchviehbetrieb in Nortorf bei Wilster.Von 1999-2014 war ich Mitglied im Bundesvorstand der AbL (Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft) und seit 2004 Mitglied im Bundesvorstand des Agrarbündnis e.V. In diesen Funktionen konnte und kann ich maßgeblich an der gemeinsamen Positionierung der fortschrittlichen Verbände aus Umwelt, Agrar, Verbraucher, Gewerkschaften und Entwicklung zur Zukunft der europäischen Agrarpolitik, der Entwicklungs- und der Verbraucherpolitik mitwirken. Meine aktuellsten Beiträge zu den beiden Themen findet ihr hier, alles andere ist nach Jahrgängen geordnet dahinter.

Wir möchten den Verbraucher*innen die Wahl geben

Top 11, Haltungskennzeichnung für Fleisch- und Milchprodukte einführen. Dazu sagt der agrarpolitische Sprecher der Landtagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen, Bernd Voß:

Niemand möchte beim Kauf von täglichen Produkten wie Fleisch und Milch lange einen Beipackzettel durchlesen. Jeder möchte schnell, einfach und verbindlich erkennen, was im Einkaufswagen landet. „Kein Ei mit der Drei“, das war der Slogan, der in Verbindung mit der europaweit verpflichtenden Haltungskennzeichnung bei Eiern vor über zehn Jahren den Durchbruch für eine Umstellung der Haltung von Legehennen, weg von den Käfigen, gebracht hat. Es bedurfte keiner staatlichen Subventionen, keiner Ver- oder Gebote. Die Verbraucher*innen haben zügig geregelt, welche Haltungsform Zukunft hatte. Wir möchten den Verbraucher*innen die Wahl geben. Nicht nur bei Frischeiern, sondern auch bei verarbeiteten Eiern, bei Milch und bei Fleisch. Es geht aber auch darum, zügig die Situation des Tierwohls in der Nutztierhaltung zu verbessern.

Auch der wissenschaftliche Beirat für Agrarpolitik der Bundesregierung hält die aktuell verbreiteten Haltungsbedingungen vor dem Hintergrund der gesellschaftlichen Akzeptanz für „nicht zukunftsfähig“.

Die Kosten für den notwendigen Umbau beziffert das Gutachten auf drei bis fünf Milliarden Euro jährlich. Das entspricht einer Preissteigerung von drei bis sechs Prozent bei den Endverbraucher*innen. Das entspricht im Wesentlichen der bekundeten Zahlungsbereitschaft. Doch um die Wertschöpfung zu erzielen, muss dieser Mehrwert auch eindeutig erkennbar sein.

Auch die Betriebe brauchen klare Orientierungspunkte, wo sie die Betriebsentwicklung oder Investitionsentscheidungen hin lenken könnten. Jahrelange öffentliche Ankündigungen eines Tierwohllabels und ausbleibende Regelungen blockieren sinnvolle Entwicklungen auf den Betrieben und am Markt.

Ich freue mich, dass sich jetzt auch der Berufstand nach vielen Jahren Widerstand für eine verpflichtende Kennzeichnung ausgesprochen hat. Aber es ist nicht die Erkenntnis zur Kennzeichnung, die wir 2014 bereits in einem Antrag an dieser Stelle behandelt haben. Wohl auch nicht die Erkenntnis, dass es im Jamaikakoalitionsvertrag auf Bundesebene im vergangenen Herbst das Herzstück der geplanten Verbraucher*innen- und Agrarpolitik der potentiellen Bundesregierung gewesen ist. Die Agrarministerkonferenz hat ebenfalls im April einen entsprechenden Beschluss gefasst und die Bundesregierung aufgefordert, bis Herbst konkrete Vorschläge auf den Tisch zu legen.

Wir haben die Situation, dass große Lebensmittelketten anfangen, ein vierstufiges Kennzeichnungssystem zu kreieren und das bisherige System bei der Kennzeichnung von Eiern dabei auf den Kopf stellen. Damit übernehmen sie die Deutungshoheit von Standards in der Tierhaltung und im Tierschutz. Das macht nicht nur das Chaos perfekt, sondern macht auch die Erzeuger*innen noch abhängiger von den Entscheidungen der vier großen Lebensmitteleinzelhändler.

Zu solchen Verwerfungen kommt es, wenn sich die Zuständigen in Regierung und Verbänden über Jahre weigern, einfache und wirksame Regelungen, die von vielen gefordert werden, auch umzusetzen.

Klar, die Initiativen für freiwillige Tierwohlkennzeichnungen sind Zeichen eines Engagements und eines Willens zur Veränderung. Doch sie würden in der Masse nicht den Durchbruch bringen, da sie jeweils nur einen kleinen Teil der Tierhalter*innen und der Produkte abdecken würden.

Auch wenn die Vielzahl der Labels verwirren mag: Die zusätzlichen Kennzeichen von regionaler Herkunft und Qualität wird niemand ausbremsen wollen. Aber schon jetzt gibt es Kennzeichnungen des Handels, die an Verbraucher*innentäuschung grenzen, ich nenne nur mal die Marke „Schweineglück“. Und als weiteres Beispiel auch Milch von der Weide. Das ist bisher keine geschützte Kennzeichnung. Wir setzen uns daher für eine verpflichtende Kennzeichnung nach dem Vorbild der Kennzeichnung von Eiern ein. Mit einer Skala von Null bis drei: Die Null steht nach unseren Vorstellungen, wie beim Ei, für ökologische Tierhaltung, drei für den gesetzlichen Standard.

Die Frage ist berechtigt, ob man denn so einfach, Kühe, Schweine, Puten oder was auch immer über einen Kamm scheren kann. Dazu gibt es aber schon lange Vorschläge, wir fangen nicht ganz neu an. Es gibt bereits Konzepte, die von Expert*innen und Verbänden ausgearbeitet wurden und mit ihnen weiter entwickelt werden könnten.

So ein System ist gut für den Tierschutz, gut für die Verbraucher*innen, gut für die Betriebe und vermeidet Subventionserwartungen. Diese Chance sollten wir endlich nutzen.

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