Landwirtschaft und Ländlicher Raum

Seit meinem Studium zum Diplom-Ingenieur (Landbau), das ich 1976 abgeschlossen habe, führe ich als selbstständiger Landwirt meinen Milchviehbetrieb in Nortorf bei Wilster.Von 1999-2014 war ich Mitglied im Bundesvorstand der AbL (Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft) und seit 2004 Mitglied im Bundesvorstand des Agrarbündnis e.V. In diesen Funktionen konnte und kann ich maßgeblich an der gemeinsamen Positionierung der fortschrittlichen Verbände aus Umwelt, Agrar, Verbraucher, Gewerkschaften und Entwicklung zur Zukunft der europäischen Agrarpolitik, der Entwicklungs- und der Verbraucherpolitik mitwirken. Meine aktuellsten Beiträge zu den beiden Themen findet ihr hier, alles andere ist nach Jahrgängen geordnet dahinter.

Keine neue Gentechnik auf unseren Feldern

Keine neue Gentechnik auf unseren Feldern!

18. April 2017 Kein Kommentar

Presseinformation Nr. 158.17 / 18.04.2017


Keine neue Gentechnik auf unseren Feldern!

In den vergangenen Jahren wurden neue Gentechnologien zur Veränderung von Pflanzeneigenschaften entwickelt. Offen ist, ob diese neue Art der Züchtung rechtlich als “genetisch verändert“ gelten müssen oder nicht. Anlässlich des heutigen Besuches bei Saat:gut e.V. sagt der agrarpolitische Sprecher der Fraktion von Bündnis 90/Die Grünen, Bernd Voß:


Gut, dass es Unternehmen gibt, bei denen Zucht und Saatgutvermehrung in bäuerlicher Hand liegen. Die rasch voranschreitende Konzentration auf dem Saatgutmarkt mit Züchtungsmethoden, die eine weitere Züchtung unmöglich machen und so die Landwirtschaft in die Abhängigkeit treiben, sind eine Gefahr für die Ernährungssouveränität. Hierzulande haben wir einen breiten gesellschaftlichen Konsens für eine gentechnikfreie Landwirtschaft.

Aber durch neue gentechnische Verfahren in der Pflanzenzüchtung droht uns die Gentechnik durch die Hintertür – und die Bundesregierung spielt dieses Spiel mit. Nur dank der EU-Kommission wurde eine voreilige Zulassung wieder einkassiert.

Die Europaabgeordnete Maria Heubuch ergänzt:


Diese Methoden greifen unterhalb der Zell- und Genomebene ein und können daher nicht als konventionelle Züchtung angesehen werden. Sie können zu ähnlichen Umwelt- und Gesundheitsrisiken wie herkömmliche gentechnische Verfahren führen.

Seit 2008 beschäftigt sich die Europäische Kommission mit der rechtlichen Bewertung dieser Methoden, ohne bisher zu einem Ergebnis zu kommen. Dabei liegen eindeutige Rechtsgutachten dazu längst vor, unter anderem vom Bundesamt für Naturschutz. Bei Anwendung des Vorsorgeprinzips kann es keinen Zweifel geben, diese Techniken dem Gentechnikrecht zu unterwerfen. Dass dies bisher nicht geschehen ist, stimmt bedenklich. Eine Beteiligung des Europäischen Parlamentes würde diese Hinterzimmerpolitik in die Öffentlichkeit bringen.

Hintergrund:

In den vergangenen Jahren wurden neue molekularbiologische Techniken zur Veränderung von Pflanzeneigenschaften entwickelt. Offen ist, ob die daraus gewonnenen Organismen rechtlich als “genetisch verändert“ gelten müssen oder nicht. Die Definition ist entscheidend dafür, ob Pflanzen das aufwändige Gentechnik-Zulassungsverfahren durchlaufen und als gentechnisch verändert gekennzeichnet werden müssen – oder ob eine einfache Registrierung reicht.

Es geht um die Beurteilung folgender Techniken:

– Oligonukleotid-gesteuerte Mutagenese (ODM)

– Zinkfinger-Nukleasen (ZFN 1, 2 und 3)

– Cisgenese/ Intragenese

– Pfropfung

– Agro-Infiltration

– RNA-gesteuerte DNA-Methylierung

– Reverse breeding

Allen ist gemein, dass sie in die Zelle eingreifen und Genveränderungen vornehmen bzw. forcieren. Jedoch können diese Veränderungen in der erwachsenen Pflanze – anders als bei der „klassischen Gentechnik“ nicht mehr nachgewiesen werden.

Wir Grüne im Europaparlament, im Bund und den Ländern ordnen die „neuen Züchtungstechnologien“ klar im Sinne der EU-Freisetzungsrichtlinie 2001/18 EG als Gentechnik ein. Wir teilen hier die Auffassung von Prof. Krämer, EU-Rechtsexperte und Prof. Spranger, BfN aus Deutschland. Das Vorsorgeprinzip ist unbedingt anzuwenden.

Da die neuen Techniken Organismen hervorbringen, die patentrechtlich geschützt werden können, würden Züchter und Landwirte zusätzlich der Möglichkeit beraubt, das Saatgut wie gehabt weiterentwickeln zu können. Das Landwirte- und Züchterprivileg, das bei konventionellen Pflanzen im Sortenschutzrecht verankert ist, würde ausgehöhlt. Für den Öko-Landbau ist die Transparenz über den Einsatz der Technologien und eine entsprechende Kennzeichnung darüber hinaus essenziell im Hinblick auf die Öko-Züchtung. Ökolandbau und gentechnikfreie Landwirtschaft würden extrem beeinträchtigt. Auch für konventionelle Landwirte würde eine Einstufung von biotechnologisch erzeugten, aber als „Nicht-Gentechnik“ klassifizierten Pflanzen und Samen hohe Risiken bergen.

Forderungen GRÜNE:

– Kennzeichnung des Saatgutes: Damit Landwirte, Gärtner und Züchter erkennen können wie eine Sorte gezüchtet wurde, muss eine Kennzeichnungspflicht des Saatgutes verankert werden.

– Keine Gentechnik ohne Regulierung: Neue Züchtungstechniken müssen genauso wie bisherige Gentechnikverfahren reguliert werden. Innerhalb des Regulierungsverfahrens muss eine Risikobewertung zwingend vorgeschrieben sein.

– Wo Gentechnik drin ist, muss auch Gentechnik drauf stehen: Der mehrheitliche Verbraucherwille in der EU nach Gentechnikfreiheit der Nahrungsmittel ist zu respektieren. Die EU-Kommission muss jetzt dafür Sorge tragen, dass alle gentechnischen Verfahren dem Gentechnikrecht zugeordnet und dementsprechend reguliert und gekennzeichnet werden.

– Gentechnikfreien Anbau schützen: Für den Schutz des konventionellen, gentechnikfreien und ökologischen Landbaus brauchen wir ein Standortregister, sollte es zu Freisetzung kommen. Haftungsregelungen sind entsprechend so zu gestalten, dass Mehrkosten und –aufwand, der für den konventionellen, gentechnikfreien und ökologischen Landbau entsteht, den Nutzern von Sorten, die mit neuer Gentechnik hergestellt wurden, angerechnet werden.

– Keine Patente auf Pflanzen: Die neuen Methoden dürfen nicht dazu führen, das Landwirte- und Züchterprivileg zu beschneiden. Züchtung muss, wie seit Jahrtausenden, ein Open-Source-System bleiben.

– Diese Züchtungstechniken sind unnötig: Wir fordern die Förderung der Forschung zu robusten lokalen Sorten, Mischkulturen und Synergieeffekten innerhalb von Agrarökosystemen. Diese wäre besser geeignet um den aktuellen und zukünftigen Herausforderungen an eine nachhaltige Landwirtschaft zu begegnen würde deutlich bessere und umfassendere Lösungen für aktuelle Probleme bringen.

– Keine undemokratischen Entscheidungen: Die EU-Kommission hat erklärt, dass sie bei ihrer Einstufung der neuen Züchtungstechnologien, den Rat und das Parlament zwar anhören will, sich an deren Stellungnahmen aber nicht gebunden fühlt. Das können wir so nicht akzeptieren. Die Grünen werden sich dafür einsetzen, dass das Parlament bei dieser Entscheidung angemessen beteiligt und gehört wird.

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